Farbklang und Geblendetsein in der Begegnung mit dem eucharistischen Herrn

Autor(en)
Dorothee Bauer
Abstrakt

Durch die Musik die theologischen Wahrheiten des katholischen Glaubens auszudrücken und den Hörer selbst in Berührung mit dem göttlichen Mysterium zu bringen – dies war das Hauptanliegen des französischen Komponisten und Organisten Olivier Messiaen (1908-1992). Die vorliegende Arbeit widmet sich dem letzten Orgelwerk Messiaens, dem "Livre du Saint Sacrement", das in der Forschung bislang kaum Berücksichtigung fand. Im Mittelpunkt stehen die beiden eucharistischen Gebetssätze des Werkes, die in musikalischer und theologischer Hinsicht erschlossen werden. Dabei wird der Frage nachgegangen, inwiefern die Musik der Gebetssätze angesichts einer zunehmenden Gleichgültigkeit gegenüber dem Sakrament der Eucharistie neue Perspektiven in der Sakramentenpastoral eröffnen kann.
Zunächst werden Messiaens persönlicher Zugang zum Mysterium der Eucharistie nachgezeichnet und Grundzüge seiner Musiksprache dargelegt. Vor diesem Hintergrund werden die beiden Gebetssätze mit den Titeln „Prière avant la communion“ („Gebet vor der Kommunion“) und „Prière après la communion“ („Gebet nach der Kommunion“) musikalisch analysiert und in ihrem theologisch-spirituellen Gehalt interpretiert. Neben dem Einführungskommentar Messiaens geben vor allem seine musikalische Motivik, die Tonartenwahl, der Umgang mit gregorianischen Zitaten und seine typischen Akkordstrukturen Aufschluss über den Aussagegehalt der Gebetssätze. Ein Schwerpunkt wird auf die Analyse der Harmonik und der entsprechenden Farbklänge gelegt, die in ihrer Symbolik gemäß Messiaens eigenem Verständnis von "son-couleur" entschlüsselt werden.
Ein Vergleich des spirituellen Gehalts der Gebetssätze mit Eucharistiegebeten der Tradition führt zu dem Ergebnis, dass Messiaen den Gestus und zentrale Inhalte bekannter Gebete aufnimmt und diesen durch seine individuelle Klangsprache zugleich einen ganz persönlichen und zeitgemäßen Ausdruck verleiht. Mehr noch: Seine Musik übersteigt die Wortebene, sie vermag den Hörer unmittelbar anzusprechen und in das musikalische Gebetsgeschehen hineinzunehmen.
In einem letzten Schritt wird dargelegt, inwiefern die Musik der Gebetssätze als mystagogisches Medium in der Sakramentenpastoral dazu beitragen kann, dem Menschen einen eigenen, erfahrungsbezogenen Zugang zum Mysterium der Eucharistie zu eröffnen und zur Entfaltung und Vertiefung der eucharistischen Gebetspraxis und Spiritualität anzuregen. Dies wird abschließend an zwei ganz unterschiedlichen Vorschlägen, wie sich die Gebetssätze in die Sakramentenpastoral einbinden lassen, veranschaulicht.

Organisation(en)
Institut für Systematische Theologie und Ethik
Publikationsdatum
2009
ÖFOS 2012
603217 Pastoraltheologie
Link zum Portal
https://ucrisportal.univie.ac.at/de/publications/farbklang-und-geblendetsein-in-der-begegnung-mit-dem-eucharistischen-herrn(2fb9bc7b-1102-46c1-84d6-bee19fd08539).html