Die Not mit dem Messias und der antijüdische Affekt des Heidenchristentums

Autor(en)
Wolfgang Treitler
Abstrakt

Dass der Messias kein zweites Mal wiederkam, hat im Frühchristentum zu einer grundlegenden Verschiebung der Gemeinschaften und ihrer Bedeutungen geführt: Die messianisch-jüdischen Gemeinschaften wurden zügig durch die aufwachsenden heidenchristlichen Gemeinschaften und v.a. durch deren Gelehrte zurückgedrängt und verloren schließlich jede Bedeutung. Das wirkte sich in der heidenchristlich gebildeten Deutung Jesu aus, die nicht mehr am Messianischen orientiert, sondern an Wesensfragen aufgehängt war. Die schließlich erfolgte Festlegung darauf, dass Jesus Christus wesenhafte Einheit von Gott und Mensch war, produzierte einen fixen antijüdischen Kern, der als entjudaisierter zu dem entscheidenden Differenzgebilde zwischen (Heiden-)Christentum und Judentum aufgebaut werden konnte. Von ihm leitete sich direkt alle antijüdische Gewalt ab, die bis in die Schoa ihr christliches Fundament finden konnte. Daher bleibt jeder christlich-jüdische Dialog nicht nur unaufrichtig, sondern von chronischer Drohung zumindest theologischer Liquidation des Judentums bestimmt, wenn dieser nicht gleichzeitig diese antijüdische Grundkonstruktion benennt und in der Folge so transformiert, dass das Judesein Jesu nicht nur dem üblichen Wortgebrauch noch, sondern substanziell-dogmatisch leitend wird. Davon ist jedoch in den christologischen Diskursen zumindest der deutschsprachigen Theologie nichts Substanzielles zu erkennen.

Organisation(en)
Institut für Systematische Theologie und Ethik
Seiten
43-58
Anzahl der Seiten
16
Publikationsdatum
2023
Peer-reviewed
Ja
ÖFOS 2012
603206 Fundamentaltheologie
Schlagwörter
ASJC Scopus Sachgebiete
Arts and Humanities(all)
Sustainable Development Goals
SDG 4 – Hochwertige Bildung
Link zum Portal
https://ucrisportal.univie.ac.at/de/publications/die-not-mit-dem-messias-und-der-antijudische-affekt-des-heidenchristentums(167a780d-7c57-476b-b828-3296b577f8ff).html